Schweiz
Gesellschaft & Politik

Bund kastriert Pferde, um die Staatskasse zu entlasten – Züchter empört

Bund kastriert Hengste, um die Staatskasse zu entlasten – Züchter empört

Zwischen dem Schweizer Nationalgestüt und den Züchtern der berühmten Freibergerpferde herrscht dicke Luft. Denn der Sparhammer macht auch vor den Bundeshengsten nicht Halt.
19.05.2025, 08:3519.05.2025, 08:35
Lea Hartmann / ch media
Mehr «Schweiz»

Die Sparmassnahmen des Bundes treffen auch die Hengste des Schweizer Nationalgestüts in Avenches. Um Kosten zu senken, soll die Zahl der Bundeshengste schrumpfen – von ursprünglich rund 60 auf noch 45 Tiere bis 2030.

Un cavalier et son cheval saute un obstacle pendant les epreuves qualificatives et finale de saut FM, lors du dernier jour du festival Cheval Passion et des finales des divers concours, a l'insti ...
Ein Pferd des Nationalgestüts in Avenches. Der Bund betreibt das Gestüt, um die genetische Vielfalt der Freibergerpferde zu fördern.Bild: keystone

Für die Freibergerpferde mit den klingenden Namen wie Don Adonis oder Netflix de Wallenried bedeutet das: Ihnen geht's ans Gemächt. Die Hengste, deren Sperma in der Zucht am wenigsten gefragt ist, werden kastriert und anschliessend verkauft. Eben erst mussten Historique («schöner Kopf», «viel Schub aus der Hinterhand», heisst es in seiner Beschreibung) und Caran d'Ache du Clos Virat (dessen «taktvoller Trab» der Bund hervorhebt) aus Spargründen unters Messer.

Züchter: «Das geht doch nicht!»

Züchter sind empört über das Vorgehen des Bundes, wie die «Bauernzeitung» berichtet. Zu Wort kommt darin Bruno Spring, der seit fast 35 Jahren Freiberger züchtet und als Präsident einer Interessengemeinschaft amtet, die sich für den Erhalt der ursprünglichen Freibergerrasse einsetzt.

Er sei noch immer «putzverruckt», sagt Spring, als ihn CH Media am Handy erreicht. Einerseits stört Züchter wie ihn die Wahl der Hengste, die aussortiert werden. Darunter seien Tiere, die für die Zucht besonders wertvoll sind, weil sie sehr reinrassig sind.

Des cavaliers, cavalieres et leurs cheveux s'echauffent avant la finale de saut des jeunes chevaux de 4 ans, lors du dernier jour du festival Cheval Passion et des finales des divers concours, a  ...
Den Hengsten in Avenches geht es bald ans Gemächt.Bild: keystone

Andererseits ist es der Zeitpunkt: Im März flattert bei den Freibergerzüchtern jeweils der sogenannte Hengstkatalog ins Haus – eine Übersicht über alle Tiere, die zur natürlichen Besamung zur Verfügung stehen. Die Decksaison beginnt. 100 oder 200 Franken kostet es, eine Stute von einem Bundeshengst besamen zu lassen. Der Bund will damit den Erhalt der einzigen Pferderasse mit Schweizer Ursprung sicherstellen.

«Mitten in der Decksaison Hengste zu kastrieren, das geht doch nicht!», regt sich Spring auf. Die inzwischen kastrierten Hengste sind noch im Katalog aufgeführt. Damit mache sich das Nationalgestüt zum Gespött. «Kein privater Züchter könnte sich so etwas leisten», sagt er. Diverse Personen hätten sich bei ihm gemeldet, die seinen Frust teilen.

Bund erklärt sich

Auch Pauline Queloz, Geschäftsführerin des Freibergerverbands, kritisiert den Zeitpunkt der Kastration. Nachvollziehen kann sie indes den Entscheid an sich. Die beiden Hengste, die nun kastriert wurden, seien in den letzten Jahren von Züchtern kaum gefragt gewesen, sagt sie. Dann könne man auch nicht kritisieren, wenn sie kastriert und verkauft werden.

Der Bund zeigt auf Anfrage Verständnis für den Unmut. Doch er verteidigt sich auch. Da man weiterhin jedes Jahr Junghengste ankaufe, müsse man den Bestand aktiv managen und somit auch Hengste verkaufen, erklärt Agroscope auf Anfrage. Das landwirtschaftliche Kompetenzzentrum ist für das Nationalgestüt zuständig. Die Tiere würden vor dem Verkauf kastriert, weil die Hengsthaltung für Private sehr anspruchsvoll und es daher einfacher sei, kastrierte Tiere zu verkaufen.

Hengstsperma im Tiefkühler

Agroscope betont aber auch: Die Hengste sind damit nicht weg vom Markt. Das Gestüt hat ein Tiefkühllager, in dem das gefrorene Sperma von rund 150 Zuchthengsten des Bundes lagert. Von allen verkauften Tieren, die weiterhin zur Zucht zugelassen seien, habe man genügend Sperma für die künstliche Besamung auf Lager.

Züchter Spring vermag das nur wenig zu besänftigen. Er wünscht sich eine Aussprache mit dem Bund. Denn es steht fest: Historique und Caran d'Ache werden nicht die letzten Hengste sein, deren Potenz dem Sparprogramm des Bundes zum Opfer fällt. Pauline Queloz sieht es positiv: «Die Entscheidung des Gestüts, die Hengste zu kastrieren und zu verkaufen, ermöglicht ihnen nun einen schönen Abschluss ihrer Karriere als Freizeitpferd.» (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Die Lauchin
19.05.2025 09:19registriert Oktober 2015
Liebe Züchterinnen und Züchter. Kein einziges dieser Pferde muss kastriert werden. Öffnen Sie einfach Ihr eigenes Portemonnaie anstelle das von uns (Bund) und alles passt. Viel Erfolg.

Sie können übrigens auch eine Volksinitiative starten. Das haben die Brieftaubenzüchter auch probiert (und sind gescheitert).
590
Melden
Zum Kommentar
avatar
Herr Hirnweh Grübelmüd
19.05.2025 09:25registriert März 2025
Sprich, eine einzige Person regt sich künstlich auf. Obwohl der Züchter zu Spottpreisen trotzdem an das Sperma dieser Hengste kommt.
441
Melden
Zum Kommentar
7
    Töff rast in Pratteln BL mit 124 km/h durch Tempo-50-Strasse

    Ein Motorradfahrer ist am Sonntag mit 124 km/h durch Pratteln gerast. Auf dem Streckenabschnitt wären bloss 50 km/h erlaubt gewesen, wie die Baselbieter Kantonspolizei am Montag mitteilte.

    Zur Story